In Österreich wird die Berufskrankheitenliste trotz dringendem Handlungsbedarf nicht aktualisiert – dabei macht Deutschland vor, wie es geht.
Dabei würde es insgesamt einen großen Aktualisierungsbedarf geben. Das betrifft zum Beispiel Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparats durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder arbeitsbedingte Krebserkrankungen wie den Weißen Hautkrebs. Dies sind Erkrankungen, die in der Liste nicht vorkommen.
Welchen Vorteil haben ArbeitnehmerInnen, wenn ihre Berufskrankheit auf der Liste steht?
Ist eine Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt, stehen ArbeitnehmerInnen bei deren Diagnose oft mehr medizinische Leistungen zu bzw. ergeben sich verschiedene Vorteile, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorgesehen sind. Dabei handelt es sich beispielsweise um Rehabilitationsmaßnahmen oder ein Übergangsgeld für den Fall, dass eine berufliche Umschulung notwendig ist. Des Weiteren können Selbstbehalte wegfallen und ab einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 Prozent kann eine Versehrtenrente geltend gemacht werden. Wenn eine Erkrankung nicht als Berufskrankheit anerkannt ist, dann besteht kein Anspruch auf diese umfassenderen Leistungen.
Deutschland als Vorbild
Wie es anders gehen kann, zeigt das Beispiel unseres Nachbarn Deutschland. Dort finden sich mittlerweile 16 Krankheiten zusätzlich auf der Liste, die auch für Österreich wichtig wären. Der Weiße Hautkrebs etwa wurde in Deutschland bereits 2015 anerkannt und im Jahr 2019 gab es 3.766 anerkannte Fälle – in Österreich hingegen aufgrund des Fehlens in der Liste keinen einzigen. Nach Lärmschwerhörigkeit ist der Weiße Hautkrebs, der durch UV-Strahlung ausgelöst wird, in Deutschland mittlerweile die zweithäufigste Berufskrankheit.
Besonders gefährdet sind ArbeitnehmerInnen, die viel im Freien arbeiten müssen, wie Bauarbeiter, HandwerkerInnen, KellnerInnen auf Hütten, GärtnerInnen, FahrradbotInnen oder BademeisterInnen. Sie werden oft unter dem Begriff „Outdoor-WorkerInnen“ zusammengefasst. Nach Schätzungen der AUVA handelt es sich dabei in Österreich um ca. 400.000 ArbeitnehmerInnen, die potentiell betroffen sind.
Was der ÖGB empfiehlt
Im Zweifelsfall immer melden: Grundsätzlich ist jeder Verdacht auf eine Berufskrankheit laut Gesetz zu melden – und zwar vom Arbeitgeber bzw. von den behandelnden Ärzten. Dies gilt auch für Covid-19. Die Beurteilung, ob eine Berufskrankheit vorliegt, obliegt dem Unfallversicherungsträger. Somit gilt: Auch im Zweifelsfall ist eine Berufskrankheiten-Meldung zu erstatten.
Was in Österreich fehlt
Viele arbeitsbedingte Krebserkrankungen fehlen überhaupt in der Liste, wie die AUVA festgehalten hat. Genauso ist es bei anderen Erkrankungen, etwa dem so genannten Carpaltunnelsyndrom –es entsteht durch eine Druckschädigung der Nerven, ausgelöst durch monotone, immer wiederkehrende Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke. Genauso wenig kommen Erkrankungen der Wirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten auf der Liste vor und auch Abnützungen der sogenannten Rotatorenmanschette scheinen auf der Liste nicht auf, obwohl sie bis zum Funktionsverlust des Schultergelenkes führen können – vor allem bei Frauen, die jahrelang an der Scannerkasse arbeiten.
ExpertInnen mahnen
Die Gesellschaft für Arbeitsmedizin hat bereits zweimal im Februar 2019 und im Dezember 2020 eingemahnt, dass die Berufskrankheitenliste aktualisiert werden muss. Diese wurde zuletzt 2012 nur minimal angepasst. 53 Erkrankungen stehen auf der Liste, nicht alle davon haben für die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts noch Relevanz; auf der anderen Seite fehlen gewichtige arbeitsbedingte Erkrankungen. Hier gibt es also dringenden Handlungsbedarf – dafür setzt sich der ÖGB ein!
(Information des ÖGB, 23.02.2021)