Gewerkschaften: Stellungnahme zu Impfpflicht des Gesundheitspersonals
Gewerkschaften: Ist eine Zwangsmaßnahme wirklich Ihre Antwort auf den Hilferuf des Gesundheits- und Pflegepersonals, Minister Mückstein?
Die Ankündigung der Impfpflicht für das Gesundheitspersonal durch Minister Wolfgang Mückstein am vergangenen Freitag kam überraschend und völlig entgegen jeder Kommunikation der vergangenen Wochen. Die beiden größten zuständigen Gewerkschaften reagieren nun scharf.
Für Edgar Martin, Vorsitzender Hauptgruppe II in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft, und Reinhard Waldhör von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), ist eine freiwillige, 100%ige Durchimpfungsrate beim Gesundheitspersonal wünschenswert, aber derzeit aus mehreren Gründen nicht zu erreichen.
„Aktuell ist die Impfrate in diesem Bereich schon hoch, aber viele der noch nicht Geimpften sagen, sie warten auf den Todimpfstoff. Andere hatten bei den beiden vorangegangenen Impfungen Nebenwirkungen und zeigen sich nun skeptisch. Aber auch vielen bereits Geimpften stößt sauer auf, dass man das Gesundheitspersonal nun wie Soldaten in einen Krieg schicken möchte – nach dem Motto: ihr habt ja eine besondere Verpflichtung dazu.
Während manche politische Verantwortungsträger die Stimmung weiter aufheizen können und so die Impfrate in der Gesamtbevölkerung weiter niedrig halten, will man nun mit Zwang das Gesundheitspersonal verpflichten. Damit ist das Recht auf Selbstbestimmung dahin. Das Personal soll retten und als moralisches Beispiel fungieren“, erklären Reinhard Waldhör und Edgar Martin.
Und weiter: „Am Mittwoch haben unsere Kolleginnen und Kollegen in Spitälern und Pflegeheimen mit der Aktion „5 nach 12“ die größte, bundesweite Protestaktion der Beschäftigten im Gesundheit-, Pflege und Sozialbereich der zweiten Republik veranstaltet. Tausende Beschäftigte verwiesen durch einen ‚Walk-out‘ auf ihre Arbeitssituation, den eklatanten Personalmangel und stellten sich hinter die Forderungen nach mehr Personal, eine Ausbildungsoffensive und einer fairen Bezahlung.“
Die sofortige Antwort des Ministers war zu diesem Zeitpunkt eine Bitte, durchzuhalten. Zwei Tage später kam als Reaktion nicht der verlangte Gesprächstermin, sondern die Ankündigung einer Impfpflicht für das Gesundheits- und Pflegepersonal!
Reinhard Waldhör und Edgar Martin: „Am meisten ärgert uns die Vorgehensweise, das Nicht-Kommunizieren. Dem betroffenen Gesundheitspersonal wird etwas vor die Füße geworfen und dann taucht man ins Wochenende ab. Jene, die seit 2 Jahren alles gegeben haben und sich von Welle zu Welle schleppen, bleiben mit dem Gefühl zurück wieder einmal nicht wahrgenommen zu werden. Die Menschen in den Gesundheits- und Pflegeberufen habe das chaotische COVID Management auszubaden.“
Das Ergebnis einer schnellen Online-Umfrage am Wochenende mit rund 1.500 TeilnehmerInnen verwundert daher nicht. Zwei Drittel der Befragten sprechen sich gegen eine Impfpflicht beim Gesundheitspersonal aus.
„Da waren mit Sicherheit geimpfte MitarbeiterInnen beteiligt. Es zeigt nur, dass Zwang nie die richtige Lösung sein kann. Wir wissen jetzt schon, dass uns einige genau deswegen verlassen werden. Das hat auch das Beispiel Italien gezeigt, rund 5% haben das Gesundheits- und Pflegesystem verlassen.“
Aber genau hier liegt der Unterschied zu Soldaten. „Es ist eben die letzte Möglichkeit, sich selbstbestimmt der Impfpflicht und dem Zwang entgegenzustellen. Wer uns verlässt, ist nicht fahnenflüchtig. Aber jede einzelne Fachkraft fehlt und werden wir noch schmerzlich bereuen. Bei einer ähnlichen Rate in Österreich wären wir aktuell am Ende“, so Waldhör und Martin abschließend.
(Information des ÖGB, 15.11.2021)