Mitarbeiter-Information von Hrn. Obmann-Stv. Birbamer

Geschätzte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, geschätzte Funktionärskolleginnen und -kollegen!
Vor wenigen Tagen hat sich der Obmann der AUVA, DDr. Ofner, in einem offenen Brief an die Unternehmerinnen und Unternehmer gewandt und ist dabei auf die im Regierungsprogramm enthaltenen Aussagen zur AUVA eingegangen.

Bekanntlich haben die Koalitionsparteien dort die Absicht festgehalten, den Beitrag zur Unfallversicherung von 1,3% auf 0,8% zu senken. Die AUVA wird aufgefordert, ein Konzept vorzulegen, wie diese Beitragssenkung möglich gemacht werde kann. Sollte ihr das nicht gelingen, wird ihr die Auflösung angedroht.

Ich kann mich als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AUVA vielen Aussagen von Obmann DDr. Ofner durchaus anschließen und sie sogar unterstreichen. Tatsächlich liefert die AUVA um einen konkurrenzlos günstigen Beitrag eine Haftpflichtversicherung für die Unternehmen und sichert diese gegen Schadenersatzforderungen verunfallter oder durch Berufskrankheiten geschädigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab, die in schweren Fällen existenzbedrohend für die Betriebe sein können. Gerade für die klein- und mittelbetriebliche Struktur Österreichs ist dieser Schutz von großer Bedeutung.

Ebenso ist es richtig, dass die AUVA für Menschen, die durch Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten zu Schaden kommen, eine optimale Versorgung sicherstellt – von der Heilbehandlung und Rehabilitation mit allen geeigneten Mitteln über berufliche und soziale Rehabilitationsmaßnahmen bis hin zur finanziellen Entschädigung beibleibenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Den Ausführungen des AUVA Obmanns ist auch zuzustimmen, wenn er auf die Erfolge der AUVA Prävention hinweist, ohne die die Schadenszahlen mit Sicherheit höher wären als sie es heute sind – etwas, das man Jenen zu bedenken geben sollte, die vielleicht meinen, man solle für die Prävention künftig weniger ausgeben. Auch der Hinweis auf die Leistungen der Unfallkrankenhäuser – und ich möchte ergänzen auch der Rehabilitationszentren einschließlich unserer Spezialeinheit für Berufskrankheiten – ist gut und richtig.

Allerdings sollte nicht der Eindruck entstehen, eine Beitragssenkung im Ausmaß von 0,5% Punkten wäre durch das Ende von Querfinanzierungen zu Lasten der AUVA, sowie durch den Wegfall versicherungsfremder Leistungen relativ problemlos kompensierbar. Tatsächlich muss bewusst sein, dass dies für das österreichische Sozial- und Gesundheitssystem spürbare Konsequenzen haben wird, die ich kurz andeuten möchte.

Um das angestrebte Volumen zu erreichen, müssten die Ausgleichszahlungen der AUVA an die Krankenversicherungsträger um rund 150 Mill. Euro reduziert werden. Dass dies für die Krankenkassen ohne eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge kompensierbar ist, scheint unmöglich. Wenn die AUVA ihr – durchaus nicht unberechtigtes Anliegen – einer angemesseneren Abgeltung ihrer Leistungen in den Unfallkrankenhäusern durchsetzen kann, dann müssen die Krankenversicherungsträger und die Länder rund 160 Mill. Euro pro Jahr mehr in die Hand nehmen. Geld, das ihnen klarerweise an anderer Stelle – auch im Gesundheits- und Sozialbereich – fehlen wird.

Eine Anhebung der Kostenersätze in den Rehabilitationszentren auf das Niveau der tatsächlichen Kosten würde wiederum in erster Linie den Krankenkassen zusätzliche Mittel von über 3 Mill. Euro abverlangen. Schließlich wäre es auch notwendig, die Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung an die Klein- und Mittelbetriebe zu streichen. Diese Zuschüsse tragen wesentlich dazu bei, dass kleinere Betriebe die finanzielle Belastung durch Krankenstände der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besser verkraften.

Nicht zuletzt müsste man auch die schon geltenden Befreiungen der Unternehmen vom Unfallversicherungsbeitrag für Lehrlinge und Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, streichen.

Dies alles würde sich in Summe dem Gegenwert einer Beitragssenkung um 500 Mill. Euro zumindest annähern, wobei keine dieser Veränderungen durch die AUVA selbst herbeigeführt werden kann. Vielmehr kann dies nur durch den Gesetzgeber bzw. durch das Einvernehmen mit anderen Akteuren des Gesundheitswesens realisiert werden.

Selbstverständlich habe ich als Obmannstellvertreter der AUVA in erster Linie die Interessen dieser Institution zu vertreten. Ich meine aber, dass es auch zu meiner Verantwortung gehört, einen realistischen Blick für die Zusammenhänge zu haben, in die die AUVA eingebettet ist.

Die Versicherten, können von einer derartigen Beitragssenkung auch dann betroffen sein, wenn sie zwar für die AUVA verkraftbar ist, aber in der Folge finanzielle Mittel woanders fehlen. Erst am Freitag, dem 12.1.2018, war im Rahmen der „Kurier-Gesundheitsbeilage“ die Rede davon, dass die Mittel im Gesundheitswesen besser verteilt werden sollen und Veränderungen – gerade im Sinne der Qualität der Versorgung – notwendig sind.

Niemand der dort zu Wort gekommenen Experten hat jedoch behauptet, dass die Mittel gekürzt werden sollen. Genau dies wird durch die Senkung des Unfallversicherungsbeitrags jedoch passieren. Dem gegenüber steht eine Lohnnebenkostensenkung, die nur für Großbetriebe einen merkbaren Nutzen bringt, die aber für über 99% der österreichischen Betriebe kaum eine spürbare Entlastung bedeutet.

Und übrigens: Auch wenn der Unfallversicherungsbeitrag ausschließlich von den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern abgeführt wird – erwirtschaftet wird er gemeinsam mit den Beschäftigten, die den Betrieben ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen.

Ich sehe es als die Verpflichtung aller, die als Funktionärinnen und Funktionäre in der AUVA Verantwortung tragen, alles in ihrer Kraft stehende zu tun, um sicher zu stellen, dass die AUVA mit ihren vier Säulen, Prävention, Unfallheilbehandlung, Rehabilitation und Rentenleistung eine gesicherte Zukunft hat, und dabei auch ein Augenmerk auf den Gesamtzusammenhang des österreichischen Gesundheits- und Sozialsystem zu haben, dessen unverzichtbarer Teil die AUVA ist.

Mit besten Grüßen
Ihr Wolfgang Birbamer

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