ZBR-Information zur LSE-Sozialversicherungsstudie

Liebe Kollegin, lieber Kollege!
Ende 2016 hat die Österreichische Bundesregierung beschlossen, eine Studie zur Überprüfung der Effizienz des österreichischen Sozialversicherungs- und Gesundheitssystems erstellen zu lassen.

Beauftragt wurde die London School of Economics and Political Science (LSE), eine der renommiertesten Universitäten der Welt.

Am 24.08.2017 wurde die Studie der Öffentlichkeit im Rahmen einer Pressekonferenz von BM Alois Stöger vorgestellt, am 25.08.2017 folgte eine weitere Pressekonferenz im Hauptverband der SV-Träger.

Das Wichtigste für uns Beschäftigte zuerst:

  1. Die gesundheitliche und soziale Versorgung in Österreich funktioniert gut.
  2. Die öffentliche Sozialversicherung ist, was den Verwaltungsaufwand betrifft, im internationalen Vergleich günstig. Dieses Ergebnis wurde auch in anderen Studien bestätigt.
  3. Die Studie zeigt mehrere Handlungsoptionen zur Struktur der Sozialversicherung und zur Anzahl der Träger mit ihren Vor- und Nachteilen auf, gibt aber keine Präferenz für die Entscheidung. Welches der untersuchten Modelle bevorzugt wird, ist Entscheidung der Politik.
  4. Die Studie empfiehlt keine Privatisierungen. Leistungserbringung durch den SV-Träger – und damit eigene Einrichtungen – machen Sinn, um über entsprechende Kompetenzen und Kapazitäten zu verfügen. Vor allem Leistungen, die man am Markt nicht zukaufen kann, sollen selbst erbracht werden.
  5. Der Hauptteil der Studie beschäftigt sich mit der Krankenversicherung und ihren Leistungen sowie ihren Beziehungen zu anderen Gesundheitseinrichtungen und Vertragspartnern und dem finanziellen Risikoausgleich zwischen den Kassen.
  6. Da wir ja selbst auch Kunden der Sozialversicherung sind, hier noch einige Punkte der Studie, die aus dieser Sicht interessant sind und natürlich in der Öffentlichkeit diskutiert werden:
    1. Harmonisierung der Leistungen der Krankenkassen
    2. Ausbau der Leistungen oder Senkung der Beiträge?
    3. Wie können Spitalsaufenthalte reduziert werden?
    4. Wie können Patienten von den Krankenhausambulanzen zu den niedergelassenen Ärzten „umgeleitet“ werden?
    5. Wie wirken sich Selbstbehalte aus?

Ein Wort zu den Verwaltungskosten:
Verwaltungskosten werden ja oft als negativ hingestellt. Verwaltung ist aber notwendig. Nicht nur, um unsere Löhne und Gehälter zu überweisen. Ohne Verwaltung könnten keine Renten für Verunfallte berechnet werden und keine Entgelterstattungen an Betriebe ausbezahlt werden. Die Studie der LSE zeigt, dass die Verwaltungskosten im internationalen Vergleich gering sind und etwa deutlich unter jenen in Deutschland, der Schweiz oder den Niederlanden liegen.

Einen deutlich höheren Verwaltungsaufwand haben übrigens private Versicherungen, die viel Geld für Werbung und Marketing ausgeben und Gewinne erwirtschaften möchten.

Natürlich soll Verwaltung effizient, günstig, rasch und versichertennahe arbeiten. Um eine möglichst hohe Qualität und Wirkung zu erzielen, zeigt die Studie mögliche Optionen, die Effizienz innerhalb der Sozialversicherung und im ganzen Gesundheitssystem zu erhöhen, räumt aber auch ein, dass damit keine „großen Sprünge“ gemacht werden können. Das gleiche gilt auch für die Struktur der Sozialversicherung. Die Anzahl der Träger alleine ist nicht maßgeblich für die Kosten oder Effizienz der Sozialversicherung. Und das Argument, dass eine Zusammenlegung die Kosten quasi automatisch senken würde, ist nicht haltbar.

Wie geht es weiter:
Von Seiten des Zentralbetriebsrates analysieren wir die etwa 1.400 Seiten umfassende Studie nun genau und versuchen die für die AUVA und ihre Beschäftigten optimale Vorgehensweise in den kommenden Diskussionen durchzusetzen. Natürlich befinden wir uns auch in der Zeit kurz vor der Nationalratswahl und wir werden in den nächsten Wochen erleben, dass alle, die eine „offene Rechnung mit der Sozialversicherung“ haben sich zu Wort melden, ihre Position darlegen und auch aus der Studie zitieren werden, was uns spannende Wochen bringen wird. Und ich bin auch schon gespannt, ob die großartige Leistung, die von den Beschäftigten der Sozialversicherung erbracht wird, in diesem Zusammenhang als eben solche erwähnt wird.

In diesem Sinne verbleibe ich mit kollegialen Grüßen,
Erik Lenz (Vorsitzender des AUVA Zentralbetriebsrates)
Wien, 28. Aug. 2017

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