Kollektivvertrag: Bewährtes System nicht zerstören!
Ruf nach Zurückdrängung der Kollektivverträge ist für AK nicht verständlich – sie stärken sowohl Beschäftigte als auch Wirtschaft.
Immer öfter wird der Ruf laut, dass Kollektivverträge durch betriebliche Vereinbarungen ersetzt werden sollen.
„Das würde nicht nur zu Lohndumping bei Arbeitnehmern führen, sondern durch Wettbewerbsverzerrung auch zu gewaltigen Nachteilen für redlich arbeitende Unternehmer“, warnt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Denn Kollektiverträge schaffen gleiche Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen, Entlohnung und Arbeitszeit einer Branche. Firmen-Kollektivverträge hingegen würden zu einem unlauteren Kosten- und damit Wettbewerbsvorteil – besonders für ausländische Unternehmen auf Kosten österreichischer Firmen – führen.
Für etwa 98 Prozent der österreichischen Beschäftigungsverhältnisse gilt einer der mehr als 850 Kollektivverträge. Mit dieser Tarifdeckung ist Österreich europaweit führend – ein starkes und wichtiges Ergebnis der in Österreich nach wie vor gelebten Sozialpartnerschaft. Die hohe Deckung mit Kollektivverträgen ist auch einer der Gründe, warum Österreich zu den 10 reichsten Ländern der Welt gehört.
Ohne Kollektivvertrag keine Mindeststandards
Welche Nachteile sich aus dem Fehlen eines Kollektivvertrags ergeben, davon können Beschäftigte von Rechtsanwaltskanzleien oder von Werbeagenturen (außerhalb Wiens) ein Lied singen. Diese beiden Gruppen haben keinen Kollektivvertrag, weil die Arbeitgeber/-innen seit langem tarifliche Mindeststandards verweigern. Die Folgen: unterdurchschnittliche Löhne und Gehälter, kein Rechtsanspruch auf Sonderzahlungen, keine geeigneten Rahmenbedingungen für Arbeitszeit-Regelungen.
Vorteile von Kollektivverträgen
Die Vorteile von Kollektivverträgen für die Arbeitnehmer/-innen liegen klar auf der Hand:
- Branchen-Kollektivverträge sorgen für jährliche Lohn- und Gehaltserhöhungen und für einen Rechtsanspruch auf Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld.
- Sie schaffen gleiche Mindeststandards bei der Entlohnung und bei den Arbeitsbedingungen für alle Arbeitnehmer/-innen innerhalb einer Branche. Damit verhindern sie, dass Beschäftigte untereinander ausgespielt werden können.
- Kollektivverträge bieten aber auch flexible Rahmenbedingungen für Arbeitszeitmodelle innerhalb der Branche – etwa im Hinblick auf Schichtarbeit, Feiertagsarbeit oder Überstunden und Mehrarbeit.
Kollektivverträge sind aber nicht einseitig nur für die Beschäftigten von Vorteil, sondern auch für die Wirtschaftsseite:
- Die Unternehmen sparen sich viel Zeit, weil sie nicht in tausenden Einzelverhandlungen mit den Betriebsräten und/oder Arbeitnehmern/-innen Verträge aushandeln müssten, sondern das ihre Vertretung pauschal für sie macht.
- Konflikte um Lohnerhöhungen oder Arbeitszeiten werden aus den Betrieben herausgehalten, weil sie auf Branchenebene und nicht im Unternehmen ausgefochten werden.
- Überdies stellen die branchenbezogen abgeschlossenen Kollektivverträge sicher, dass sich der Wettbewerb nicht durch Lohndumping oder unterschiedliche Lohnniveaus zwischen den einzelnen Betrieben zusätzlich verschärft.
AK fordert Beibehaltung der Kollektivverträge
Sollten in Österreich „Firmenkollektivverträge“ ermöglicht werden, würde die kollektivvertragliche Bindung auch für ausländische Arbeitgeber/-innen wegfallen und diese dann einen enormen Preis- bzw. Wettbewerbsvorteil gegenüber österreichischen Unternehmen haben.
Die Arbeiterkammer setzt sich für Beibehaltung des österreichischen Kollektivvertragsmodells ein. Die Forderung nach „Verbetrieblichung“ wichtiger Rechtsregelungen ist ein typischer neoliberaler Zugang – diese Haltung wird von der AK zurückgewiesen.
(Information der AK OÖ., 20.09.2016)