Keine Pflicht, Sklave seines Handys zu sein
Klare Trennlinie zwischen Beruf und Freizeit gehört gezogen – Bereitschaftsdienst darf nicht mit Arbeitszeitgesetz kollidieren
Die Hälfte aller Dienstnehmer arbeitet im Urlaub, in Deutschland sind zwei Drittel der Berufstätigen auch außerhalb ihrer Arbeitszeit für Berufliches erreichbar, in Österreich klagen 30 Prozent über berufliche Belastungen in ihrer Freizeit.
Die deutsche Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat die alarmierenden Zahlen zum Anlass genommen, eine deutlichere Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu fordern. Und zwar mittels Gesetz, zum Selbstschutz vieler Arbeitnehmer. Die Schattenseite von Technologien, die mobiles Arbeiten ermöglichen, heißt Überlastung, die durch ständige Konfrontation mit beruflichen Belangen entsteht. Mit dem Resultat, dass sich viele Erwerbstätige ins Burn-out manövrieren. Die Vehikel: Laptops und Smartphones.
Regelung
Muss das sein? Nein, denn die gesetzliche Regelung ist eindeutig, erklärt Peter Hosner, Arbeitsrechtsexperte der Arbeiterkammer Oberösterreich. Zu ständiger Bereitschaft könne niemand gezwungen werden: „Es gilt das Arbeitszeitgesetz.“ Hosner zu derStandard.at: „Wenn der Arbeitgeber einen Laptop oder ein Handy zur Verfügung stellt, gehört es vereinbart, wie weit man verpflichtet ist, sich außerhalb der Arbeitszeit damit zu beschäftigen.“ Um Anrufe entgegenzunehmen oder auf Mails zu reagieren beispielsweise. Das müsse ausdrücklich geregelt werden – im Kollektivvertrag, der Betriebsvereinbarung oder dem jeweiligen Arbeitsvertrag. Wie kann so ein Passus formuliert werden? „Zum Beispiel: ‚Hr. Müller verpflichtet sich, auch nach der Arbeitszeit regelmäßig seine Mails abzurufen.'“
Mit dem wichtigen Subtext, dass das dann als Arbeitszeit und nicht als Freizeit zu werten ist. Und zu entlohnen ist, so Hosner, der möglichst präzise Regelungen empfiehlt, um keinen Interpretationsspielraum zu ermöglichen. Etwa, dass eine Rufbereitschaftszeit zwischen 18 und 20 Uhr existiert. Hier hat man erreichbar zu sein. Punkt. „Wenn von diesen zwei Stunden dann eine halbe Stunde gearbeitet wird, muss dies bezahlt werden.“ Zum regulären Stundensatz oder mit einer Pauschale. Die Wahl des Kommunikationsmittels spielt dabei keine Rolle. „Ob das jetzt via Handy oder Mail passiert, ist egal.“
Maximal zehn Stunden pro Tag
Was nicht egal ist, ist eine Kollision mit dem Arbeitszeitgesetz. Gesetzlich verankerte Ruhephasen müssen eingehalten werden. „Die höchstzulässige Arbeitszeit darf nicht überschritten werden“, erläutert Hosner. In Österreich sind das zehn Stunden pro Tag, 50 Stunden pro Woche. Das heißt, Firmen können ihre Mitarbeiter nicht dauernd im Modus „Auf Abruf“ halten. Laut dem Ruhegesetz müssen zwischen Arbeitsende und Dienstbeginn elf Stunden liegen. Bis 23 Uhr Erreichbarkeit einzufordern, wenn am nächsten Tag um 8 Uhr der Dienstantritt ansteht, ist also nicht möglich.
„Ausnahmen wird es manchmal geben“, schränkt Hosner ein, aber das dürfe nicht zur Regel werden, denn: „Ich bin nicht verpflichtet, der Sklave meines Smartphones zu werden.“ Auch nicht der Sklave des Unternehmens. Wer trotzdem – freiwillig – um 22 Uhr seine Firmenmails abruft, sei selber schuld. „Wenn der Arbeitgeber es nicht anordnet, bekommt man auch kein Geld dafür.“
(Information gesehen auf: derStandard.at, 10.7.2012)