Dienstzeugnis mit Geheimsprache
Dienstzeugnis auf „Pferdefüße“ abklopfen
Wer macht das Rennen um den freien Job? Nicht selten hängt das von den Dienstzeugnissen der BewerberInnen ab. Die Arbeiterkammer empfiehlt, Dienstzeugnisse sorgfältig zu analysieren und auf „Pferdefüße“ in positiver Verpackung abzuklopfen.
Das Gesetz verbietet Zeugnisse, die es ArbeitnehmerInnen erschweren, einen neuen Job zu bekommen. Vergleichsweise selten stößt die AK daher in der Praxis auf unverhüllt negative Formulierungen wie: „Wir können den Arbeiternehmer nicht empfehlen“, „Wenn es ihre Gesundheit zuließ, arbeitete sie als…“, „Sein Engagement war ein voller Flop“ oder „Sie baute einen Unfall nach dem anderen“.
Recht auf ein korrekt ausgestelltes Dienstzeugnis
Zahlreicher und schwerer zu identifizieren sind dagegen Negativ-Botschaften, die sich hinter vermeintlich positiven Formulierungen verstecken. Mitunter sind diese Geheimcodes nur für geübte Augen zu entschlüsseln.
Im Zweifelsfall sollten ArbeitnehmerInnen ihre Dienstzeugnisse durch die AK oder GPA überprüfen lassen. Findet sich ein „Pferdefuß“ darin, kann man jederzeit vom Recht Gebrauch machen, ein korrekt ausgestelltes Dienstzeugnis zu verlangen – je nach Kollektivvertragsregelung auch bis zu 30 Jahre rückwirkend!
Die Arbeiterkammer bietet Vorlagen für einfache und qualifizierte Dienstzeugnisse zum kostenlosen Downloaden.
Geheimcodes & ihre Übersetzung:
Schulnote 1 = Superlativ, wo immer möglich
Ein uneingeschränkt positives Zeugnis spart nicht mit Superlativen:
MitarbeiterInnen, die laut Dienstzeugnis „zur vollsten Zufriedenheit“ gearbeitet haben, sind vom ehemaligen Dienstgeber mit der Note 1 bedacht worden.
Alle anderen Formulierungen gelten bereits als Makel.
„Frau M. hat sich stets bemüht“
Klartext: Bemüht hat sie sich ja, aber das Ergebnis ist fraglich.
„Beim Projekt XY hat sich Herr S. mit ganzer Kraft eingesetzt… “
Klartext: Herr S. hat sich nur bei dem einen Projekt ins Zeug gelegt.
„Frau L. hat sich im Rahmen ihrer Fähigkeiten eingesetzt …“
Klartext: Der Rahmen war derartig eng, dass nur für wenige Fähigkeiten Platz war.
„Herr B. hat sich stets als integrative, kommunikationsstarke Persönlichkeit ins Team eingebracht“
Klartext: Vor lauter Plaudern ist er kaum mehr zum Arbeiten gekommen.
„Frau A. verfügte über Fachwissen und zeigte großes Selbstvertrauen“
Klartext: Große Klappe, wenig dahinter.
„Herr R. hat die übertragenen Arbeiten ordnungsgemäß erledigt“
Klartext: Ordnungsgemäß schon, aber sonst zeigte er nur wenig Eigeninitiative.
„Frau P. war stets mit Interesse und Begeisterung bei der Sache“
Klartext: Euphorie allein ist kein Erfolgsgarant.
„Herr Z. trug durch seine Geselligkeit zum guten Betriebsklima bei“
Klartext: Er tratscht viel.
„Frau K. setzte sich insbesondere für die Belange der Belegschaft ein“
Klartext: Eine Mitarbeiterin, die sich nicht alles gefallen lässt.
Tipp
Der Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses verjährt erst nach 30 Jahren. Das heißt, man kann ein Dienstzeugnis rückwirkend 30 Jahre lang verlangen.
Darüber hinaus sehen jedoch viele Kollektivverträge/Arbeitsverträge den Verfall von Ansprüchen vor, wenn diese nicht während einer bestimmten Frist schriftlich geltend gemacht werden.
Verfall bedeutet einen endgültigen Verlust des Anspruches. Wenn daher der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses verfallen ist, gibt es keine Möglichkeit mehr, die Ausstellung rechtlich durchzusetzen.
Damit es zu keinen Problemen kommt, sollten Sie die Ausstellung eines Dienstzeugnisses immer sofort nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses schriftlich verlangen. Denn selbst wenn Sie rechtlich länger dazu Zeit hätten, ist nicht sicher, ob ein Zeugnis überhaupt noch ausgestellt werden kann (z.B. weil es die Firma nicht mehr gibt).
(Information der AK, 03.09.2010)