Instrument der Krankenstandsrückkehrgespräche

Immer mehr Unternehmen setzen zur Reduktion der Krankenstände auf ein neues Instrument, das sogenannte Krankenstandsrückkehrgespräch. Es handelt sich hierbei um ein verpflichtendes Gespräch, das Beschäftigte nach der Rückkehr aus dem Krankenstand mit ihrem/ihrer Vorgesetzten zu führen haben. Inhaltlich drehen sich diese Gespräche meist um Ursachen und Auswirkungen der jeweiligen Erkrankung des/der Beschäftigten.

Als Hauptzweck solcher Gespräche nennen Unternehmen bessere Arbeitsbedingungen unter dem Blickwinkel der Gesundheit. Für diese Gespräche erarbeiten Firmen Gesprächsleitfäden für Führungskräfte, Fragebögen für Beschäftigte und Dokumentationsformulare für vereinbarte gesundheitsfördernde Maßnahmen. Dies sind nur einige aktuelle Beispiele, mit denen Betriebsräte/-innen zur Beratung in die AK Consult kommen.

Prinzipiell ist der Aufbau einer funktionierenden betrieblichen Gesundheitsförderung zu bejahen, das Krankenstandsrückkehrgespräch aber als Instrument abzulehnen – und zwar aus folgenden Gründen:

• Fragen nach Krankheitsursachen, der Einnahme von Medikamenten und eventuellen Rückfällen vermitteln Misstrauen, sind unangenehm und machen Angst.

• Darüber hinaus setzen solche Gespräche Beschäftigte unter Druck, dem/der Vorgesetzten Informationen über ihren Krankenstand zu geben, zu denen sie gesetzlich nicht verpflichtet sind.

• Außerdem fehlt Führungskräften oft die nötige Qualifikation und Kompetenz für heikle Gesprächsthemen.

• Des Weiteren bringen individualisierte Gespräche keinen Nutzen für den Gesamtbetrieb im Sinne der betrieblichen Gesundheitsförderung. Da Krankenstandsrückkehrgespräche nichts anderes als Kontrollmaßnahmen sind, ergeben sich aus rechtlicher Sicht Mitwirkungsrechte für den Betriebsrat.

Dazu ein Gastkommentar von Andreas Stangl, GPA OÖ.:
In Österreich und insbesondere in Oberösterreich ist das Ausmaß der Krankenstandstage kein Problem. Im internationalen Vergleich ist Österreich nach OECD-Statistik immer wieder im Spitzenfeld der wenigsten Krankenstandstage zu finden. Nur bei lebensbedrohlichen Krankheiten wie etwa Krebs oder Schlaganfällen gibt es längere Krankenstände.

Was soll nun das Rückkehrgespräch bringen? Das ist oft nicht klar. Die Arbeitnehmer/- innen bekommen vielleicht Angst und trauen sich nicht mehr, bei Krankheit daheim zu bleiben. Sie gehen krank arbeiten und stecken möglicherweise die Kolleginnen und Kollegen an. Und das, nur um ein Gespräch zu vermeiden?

Klar ist, dass gegen „Tachinierer“ auch solche Gespräche nicht helfen. Gibt es sie, müssen auch redliche Arbeitnehmer/- innen intime Details vor dem Vorgesetzten ausbreiten.

Als Betriebsräte oder Gewerkschafter sind wir eindeutig gegen Krankenstandsrückkehrgespräche. Betriebliche Gesundheitsförderungs-projekte, die ermöglichen, dass man auch im Alter arbeiten kann, sind gefragt. Arbeitszeitmodelle, die die Arbeitnehmer/-innen belasten, sind selbstverständlich zu ändern.

Auch Betriebsklima und das Verhalten der Führungskräfte spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um Krankenstände geht. Gerechte Arbeitsverteilung und produktives Klima schaffen Voraussetzungen, um Krankenstände zu verringern. Krankenstandsrückkehrgespräche sind eine reine Kontrollmaßnahme und sprechen für ein Menschenbild, das in erster Linie auf Kontrolle setzt. Offenbar ist den Befürwortern solcher Gespräche nicht klar, dass die meisten Menschen gerne arbeiten und froh sind, wenn sie nicht krank sind!
(Information der AK OÖ.)

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